Unterschied MCAS Histaminintoleranz: Symptome, Diagnose & was du wissen musst
Du leidest unter einer Flut von rätselhaften Symptomen, die weit über typische Reaktionen auf histaminreiche Lebensmittel hinauszugehen scheinen? Deine Beschwerden treten scheinbar grundlos auf, betreffen mehrere Organsysteme gleichzeitig und eine reine histaminarme Diät bringt nur teilweise Linderung? Dann stellst du dir vielleicht die Frage: Ist das noch eine „normale“ Histaminintoleranz oder könnte mehr dahinterstecken? Immer häufiger fällt in diesem Zusammenhang der Begriff Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS). Doch was ist MCAS genau? Und was ist der entscheidende Unterschied zwischen MCAS und Histaminintoleranz? Die Symptome von MCAS sind oft vielfältig und komplex, was die Abgrenzung schwierig macht. In diesem Artikel erklären wir dir die genauen Hintergründe, beleuchten die typischen Symptome von MCAS, erläutern den diagnostischen Weg und helfen dir zu verstehen, ob du eventuell betroffen sein könntest.

Histaminintoleranz (HIT) – Eine kurze Wiederholung
Um den Unterschied zwischen MCAS und Histaminintoleranz zu verstehen, müssen wir uns kurz in Erinnerung rufen, was HIT im Kern ausmacht:
- Das Problem: Bei der klassischen HIT liegt meist ein Mangel oder eine Schwäche des Enzyms Diaminoxidase (DAO) vor. Dieses Enzym ist hauptsächlich im Darm dafür zuständig, das Histamin aus der Nahrung abzubauen.
- Die Folge: Funktioniert die DAO nicht richtig, gelangt zu viel Histamin aus dem Essen in den Blutkreislauf und löst Symptome aus. Das „Histamin-Fass“ läuft über, weil der Abfluss zu schwach ist.
- Die Trigger: Hauptauslöser sind histaminreiche Lebensmittel (reifer Käse, Rotwein etc.) und DAO-Hemmer (Alkohol, bestimmte Medikamente).
- Die Lösung: Die primäre Therapie ist die histaminarme Ernährung, um die Zufuhr von außen zu reduzieren.
Was ist MCAS (Mastzellaktivierungssyndrom)?
Jetzt kommen wir zum komplexeren Krankheitsbild. Was ist MCAS genau? Beim Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS) liegt das Problem nicht primär beim Histaminabbau, sondern bei den Mastzellen selbst.
- Das Problem: Die Mastzellen (die Histaminspeicher des Körpers) sind überaktiv oder hyperreaktiv. Sie schütten schon bei geringfügigen oder eigentlich harmlosen Reizen (Triggern) unangemessen viele Botenstoffe aus.
- Die Folge: Es kommt zu einer Flut von Mediatoren im Körper. Wichtig: Mastzellen schütten nicht nur Histamin aus, sondern über 200 andere Substanzen (z.B. Tryptase, Prostaglandine, Leukotriene, Heparin, Serotonin etc.). Diese Vielfalt erklärt die oft sehr komplexen und multisystemischen Symptome von MCAS. Das Fass läuft über, weil die Mastzellen grundlos oder übermäßig stark „feuern“.
- Die Trigger: Die Auslöser für eine Mastzellaktivierung sind viel vielfältiger als bei der reinen HIT. Neben Nahrungsmitteln können auch Stress, Infekte, Medikamente, Chemikalien, Gerüche, Hitze, Kälte, körperliche Anstrengung und vieles mehr eine Reaktion provozieren.
- Die Lösung: Die Therapie von MCAS ist komplexer. Sie beinhaltet zwar oft auch eine histaminarme Ernährung, aber zusätzlich Mastzellstabilisatoren (Medikamente oder natürliche Substanzen), Antihistaminika und das konsequente Meiden individueller Trigger.
Der entscheidende Unterschied zwischen MCAS und Histaminintoleranz liegt also in der Ursache des Problems: Schwacher Abbau von externem Histamin (HIT) vs. übermäßige Freisetzung von internem Histamin und anderen Mediatoren durch hyperaktive Mastzellen (MCAS). HIT kann dabei auch ein Symptom von MCAS sein.
Wie äußert sich das MCAS? Die vielfältigen Symptome
Die Symptome von MCAS sind oft das auffälligste Unterscheidungsmerkmal zur reinen HIT, da sie meist mehrere Organsysteme gleichzeitig betreffen und oft unabhängig von Mahlzeiten auftreten können. Wie äußert sich das MCAS im Detail?
Typische Symptome von MCAS (oft kombiniert):
- Haut (sehr häufig): Urtikaria (Nesselsucht), Flush (plötzliche Rötung, oft Gesicht/Oberkörper), starker Juckreiz (Pruritus), Angioödeme (Schwellungen, z.B. Lippen, Augenlider), Dermatographismus („Hautschrift“), Ekzeme.
- Magen-Darm-Trakt (sehr häufig): Bauchkrämpfe, Blähungen, Durchfall (oft plötzlich, wässrig), Übelkeit, Erbrechen, Sodbrennen, Reizdarm-ähnliche Beschwerden.
- Herz-Kreislauf: Herzrasen (Tachykardie), Herzstolpern (Palpitationen), niedriger Blutdruck (Hypotonie) bis hin zu präsynkopalen Zuständen (Schwarzwerden vor Augen), Schwindel.
- Atemwege: Verstopfte oder laufende Nase, Niesattacken, Asthma-ähnliche Symptome (Husten, Giemen, Atemnot), Engegefühl im Hals.
- Nervensystem/Psyche: Massive Erschöpfung (Fatigue), Kopfschmerzen/Migräne, Brain Fog (Konzentrations-/Wortfindungsstörungen), Schlafstörungen, Angstzustände, Panikattacken, Depressionen, Kribbeln/Taubheitsgefühle.
- Bewegungsapparat: Muskel- und Gelenkschmerzen (oft wandernd).
- Allgemein: Grippegefühl, erhöhte Temperatur, Unverträglichkeit von Hitze/Kälte, Überempfindlichkeit gegenüber Gerüchen/Chemikalien, anaphylaktoide Reaktionen (schwere allergieähnliche Reaktionen ohne nachweisbare IgE-Allergie).
Wichtig ist: Nicht jeder Patient hat alle Symptome. Aber das Auftreten von Symptomen in mindestens zwei Organsystemen, die schubweise auftreten und auf Trigger reagieren, ist ein starker Hinweis auf MCAS. Der Unterschied zwischen MCAS und Histaminintoleranz zeigt sich oft in dieser Breite und Intensität der Beschwerden.
Wie wird MCAS diagnostiziert? Der Weg zur Klarheit
Die Diagnose von MCAS ist leider immer noch schwierig und erfordert einen erfahrenen Arzt (oft Allergologen, Immunologen oder spezialisierte Internisten). Es gibt international anerkannte Diagnosekriterien, die erfüllt sein müssen. Wie wird MCAS diagnostiziert?
Die Diagnosekriterien für MCAS (vereinfacht):
- Typische, schubweise auftretende Symptome aus mindestens zwei Organsystemen (siehe Liste oben).
- Nachweis erhöhter Mastzellmediatoren im Blut oder Urin während einer akuten Symptomphase. Dies ist der schwierigste Punkt, da die Messung zeitnah zur Reaktion erfolgen muss und die Mediatoren oft nur kurz erhöht sind.
- Ansprechen auf Medikamente, die Mastzellmediatoren blockieren (Antihistaminika) oder die Mastzellaktivierung hemmen (Mastzellstabilisatoren).
Welche Blutwerte sind bei MCAS auffällig?
Hier wird es spezifisch. Man sucht nach den „Fingerabdrücken“ der Mastzellaktivierung. Welche Blutwerte sind bei MCAS auffällig?
- Serum-Tryptase: Dies ist der bekannteste Marker. Ein vorübergehender Anstieg der Tryptase im Blut (idealerweise 1-2 Stunden nach Beginn einer Reaktion gemessen, im Vergleich zu einem Basalwert in symptomfreier Zeit) ist ein starkes Kriterium. Ein dauerhaft erhöhter Basalwert kann auf eine Mastozytose (seltene Erkrankung mit zu vielen Mastzellen) hindeuten, ist aber bei MCAS oft normal.
- Andere Mediatoren (schwieriger zu messen):
- Histamin im Plasma oder Histamin-Metabolite im 24-Stunden-Sammelurin (z.B. N-Methylhistamin).
- Prostaglandin D2 (PGD2) oder sein Metabolit im Urin.
- Heparin im Plasma.
- Chromogranin A im Serum (kann auch bei anderen Erkrankungen erhöht sein).
Die Messung dieser Werte ist anspruchsvoll, erfordert spezielle Laborbedingungen und muss zum richtigen Zeitpunkt erfolgen. Kann man MCAS im Blut feststellen? Ja, durch den Nachweis dieser Mediatoren, aber es ist oft nicht einfach, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen. Ein negativer Test schließt MCAS nicht aus!
Weitere diagnostische Schritte:
- Ausschluss anderer Erkrankungen: Wie bei HIT müssen andere Ursachen für die Symptome ausgeschlossen werden.
- Symptomtagebuch: Auch hier unerlässlich, um Trigger und Reaktionsmuster zu erkennen.
- Ggf. Biopsien: In manchen Fällen können Biopsien (z.B. aus dem Magen-Darm-Trakt) auf eine erhöhte Anzahl oder Aktivität von Mastzellen untersucht werden.
- Therapeutische Diagnose: Wenn die Labortests unauffällig sind, aber die Symptome typisch sind und der Patient gut auf MCAS-Medikamente anspricht, wird manchmal auch eine therapeutische Diagnose gestellt.
Was tun bei Verdacht auf MCAS? Die nächsten Schritte
Wenn du dich in den Symptomen von MCAS wiedererkennst und eine reine histaminarme Diät nicht ausreicht, ist es wichtig, aktiv zu werden. Was tun bei Verdacht auf MCAS?
- Symptomtagebuch intensivieren: Notiere nicht nur Essen, sondern alle potenziellen Trigger (Stress, Gerüche, Wetter, Zyklus etc.) und alle Symptome, auch die scheinbar unzusammenhängenden.
- Arztsuche: Finde einen Arzt, der sich mit MCAS auskennt. Das ist oft die größte Hürde. Selbsthilfegruppen oder spezialisierte Zentren können bei der Suche helfen.
- Vorbereitung auf den Arztbesuch: Nimm dein detailliertes Tagebuch mit. Liste alle deine Symptome und bisherigen Behandlungsversuche auf. Sei hartnäckig, aber sachlich.
- Diagnostik anstreben: Besprich mit dem Arzt die Möglichkeit der Mediator-Messung (Tryptase, Histamin im Urin etc.). Frage nach dem richtigen Timing für die Blutabnahme/Urinsammlung.
- Therapieversuch: Wenn der Verdacht hoch ist, kann der Arzt einen Therapieversuch mit Antihistaminika (H1 & H2) und/oder Mastzellstabilisatoren starten, um das Ansprechen zu prüfen.
Behandlung von MCAS: Ein multimodaler Ansatz
Die Behandlung von MCAS ist individuell und erfordert oft eine Kombination verschiedener Maßnahmen.
Welche Medikamente bei MCAS?
Die medikamentöse Therapie ist oft zentral:
- Antihistaminika: H1-Blocker (Cetirizin, Loratadin etc.) und H2-Blocker (Famotidin, Ranitidin – Verfügbarkeit prüfen!). Oft werden beide kombiniert und höher dosiert als bei Allergien.
- Mastzellstabilisatoren: Cromoglicinsäure (oral, nasal, inhalativ), Ketotifen (wirkt auch antihistaminerg). Sie verhindern die Freisetzung der Mediatoren.
- Leukotrienantagonisten: Montelukast (bei asthmatischen Beschwerden).
- Weitere Medikamente: Je nach Symptomatik können Schmerzmittel (verträgliche!), Medikamente gegen Übelkeit oder Durchfall etc. notwendig sein. In schweren Fällen auch Kortison oder Omalizumab.
Die Auswahl und Dosierung der Medikamente bei MCAS muss individuell durch den Arzt erfolgen!
Ernährung bei MCAS
Eine histaminarme Ernährung ist meist die Basis. Zusätzlich müssen oft individuelle Trigger und Liberatoren gemieden werden. Manche Patienten profitieren auch von einer salicylatarmen oder lektinarmen Diät. Das Ernährungstagebuch ist hier entscheidend.
Lebensstil & Triggervermeidung
Das konsequente Meiden der persönlichen Trigger (Stress, Chemikalien, Hitze etc.) ist genauso wichtig wie die Ernährung und Medikamente. Stressmanagement-Techniken sind unerlässlich.
Was triggert MCAS?
Die Trigger für MCAS sind extrem vielfältig und individuell. Häufige Auslöser sind:
- Nahrungsmittel: Histaminreiche LM, Liberatoren, individuelle Unverträglichkeiten (Gluten, Laktose etc.), Zusatzstoffe.
- Stress: Psychisch und physisch.
- Infektionen: Akut und chronisch (Viren, Bakterien, Parasiten, Schimmel).
- Medikamente: Siehe Liste der DAO-Hemmer und Liberatoren.
- Chemikalien/Gerüche: Parfums, Reinigungsmittel, Zigarettenrauch.
- Physikalische Reize: Hitze, Kälte, Druck, Reibung, Vibration.
- Hormonelle Schwankungen: Menstruationszyklus, Schwangerschaft, Schilddrüsenhormone.
- Allergene: Pollen, Hausstaub, Tierhaare etc.
Weitere wichtige Fragen zu MCAS
Wie schlimm ist MCAS?
Die Ausprägung von MCAS kann sehr unterschiedlich sein – von milden, aber chronisch lästigen Symptomen bis hin zu schweren, lebensbeeinträchtigenden Verläufen mit anaphylaktoiden Reaktionen. Wie schlimm ist MCAS hängt von der individuellen Aktivität der Mastzellen und den ausgelösten Mediatoren ab. Es ist eine ernstzunehmende chronische Erkrankung, die aber mit der richtigen Therapie meist gut managebar ist.
Ist MCAS heilbar?
Im Moment gilt MCAS als chronische Erkrankung, die nicht im Sinne von „vollständig verschwinden“ heilbar ist. Das Ziel der Therapie ist es, die Mastzellen zu stabilisieren, die Symptome zu kontrollieren und eine gute Lebensqualität zu erreichen. Viele Patienten können mit der richtigen Behandlung ein weitgehend normales Leben führen. Eine Besserung oder sogar Remission ist möglich, aber eine lebenslange Achtsamkeit bezüglich Triggern ist meist notwendig.
Ist MCAS psychisch?
Nein! MCAS ist eine körperliche, immunologische Erkrankung. Die psychischen Symptome (Angst, Depression, Brain Fog) sind oft eine Folge der freigesetzten Mediatoren (insbesondere Histamin im Gehirn) und der chronischen Belastung durch die Krankheit, nicht die Ursache. Leider werden Patienten aufgrund der vielfältigen und oft „unerklärlichen“ Symptome häufig fälschlicherweise als psychosomatisch abgestempelt.
Ist MCAS selten?
Früher galt MCAS als selten. Heute geht man davon aus, dass es deutlich häufiger ist als bisher angenommen, aber oft unterdiagnostiziert wird. Die Dunkelziffer ist wahrscheinlich hoch.
Fazit: Klarheit im Symptom-Dschungel – Der Unterschied MCAS Histaminintoleranz zählt
Der Unterschied zwischen MCAS und Histaminintoleranz ist entscheidend für die richtige Diagnose und Therapie. Während HIT primär ein Problem des Histaminabbaus ist, liegt bei MCAS eine Überaktivität der Mastzellen zugrunde, die eine breitere Palette an Symptomen und Triggern mit sich bringt. Was ist MCAS? Eine komplexe, aber behandelbare Erkrankung. Wenn du trotz histaminarmer Diät weiterhin unter vielfältigen, unerklärlichen Symptomen leidest, sprich mit deinem Arzt gezielt über die Möglichkeit eines Mastzellaktivierungssyndroms. Die Symptome von MCAS zu kennen und ernst zu nehmen, ist der erste Schritt auf dem Weg zu einer adäquaten Behandlung und einem besseren Leben.













